John Hattie, ein renommierter Bildungsforscher, hat bedeutende Erkenntnisse zum Thema Feedback im Bildungsbereich geliefert. Er betont, dass es weniger darauf ankommt, Feedback zu geben, als vielmehr darauf, welche Art von Feedback die Lernenden erhalten. Hattie stellt klar, dass Lehrkräfte zwar oft denken, sie würden ausreichend Feedback geben, aber die Qualität und die Rezeption dieses Feedbacks sind es, die wirklich zählen.
Feedback ist nach Hatties Forschung einer der mächtigsten Einflüsse auf Lernen und Leistung. Allerdings kann seine Wirkung sowohl positiv als auch negativ sein, abhängig von der Art der Vermittlung und dem Verständnis. Dies zeigt, dass Feedback ein nuanciertes Instrument ist, das, richtig eingesetzt, Lernergebnisse stark verbessern kann.
In seinem Buch „Visible Learning“ (2008) untersucht er die Theorie und Praxis von Feedback. Er beleuchtet, wie es effektiv im Lehr-, Lern- und Bildungsprozess eingesetzt werden kann, um Verbesserungen zu erzielen. Dieses Werk richtet sich insbesondere an diejenigen, die ihre Lehrwirksamkeit steigern und den Lernprozess besser verstehen wollen.
Hattie schlägt zudem ein Modell von Feedback vor, das verschiedene Perspektiven beinhaltet: „Feed-up“ (Vergleich des aktuellen Status mit einem Zielstatus, um Lernende und Lehrkräfte über die zu erreichenden Lernziele zu informieren), „Feed-back“ (Vergleich des aktuellen Status mit einem früheren Status, um Lernenden Informationen über ihren Fortschritt zu geben) und „Feed-forward“ (Planung der nächsten Schritte, um das Ziel zu erreichen).
In diesem Zusammenhang lassen sich Hatties Überlegungen zu Feedback durch die drei Kernfragen des Feedbackprozesses präzisieren:
- „Wohin möchte ich?“ – Diese Frage bezieht sich auf das „Feed-up“ und zielt darauf ab, die Lernziele zu klären und zu definieren.
- „Wo bin ich?“ – Hier geht es um das „Feed-back“, das den Lernenden zeigt, wo sie in Bezug auf ihre Lernziele und Fortschritte stehen.
- „Wie geht es weiter?“ – Diese Frage betrachtet, welche Schritte unternommen werden sollten, um die Lernziele zu erreichen und den Lernprozess voranzutreiben.
Die Ergebnisse von Hatties Forschung sind tiefgreifend; er hat durch Meta-Analysen gezeigt, dass effektives Feedback die Lernrate fast verdoppeln kann im Vergleich zu dem, was von einem normalen Schuljahr erwartet wird. Dies unterstreicht das Potential von Feedback, zu bedeutenden Lerngewinnen zu führen, wenn es richtig angewendet wird.
Diese Erkenntnisse von John Hattie unterstreichen die Komplexität und Bedeutung von Feedback im Bildungswesen. Es geht nicht nur darum, Informationen zu vermitteln, sondern sicherzustellen, dass das Feedback so empfangen und verarbeitet wird, dass es zu verbesserten Leistungen führt.
Kritik des Ansatzes mit Blick auf zukunftsorientiertes Lernen
Das Konzept von John Hattie zum Feedback ist zweifellos wertvoll und hat in traditionellen Bildungsumgebungen seinen Platz gefunden, in denen der Schwerpunkt auf dem Erwerb von Wissen und der Bewertung von Leistung liegt. Es betont die Bedeutung von Feedback als mächtigem Werkzeug, um Lernergebnisse zu verbessern. Dennoch gibt es einige kritische Aspekte, insbesondere wenn wir über zukunftsorientiertes Lernen sprechen, das sich von den traditionellen Ansätzen unterscheidet.
- Fokussierung auf Leistung vs. Kompetenzentwicklung: Hatties Konzept konzentriert sich stark auf die Verbesserung der Leistung und die Erreichung von Lernzielen. Im zukunftsorientierten Lernen, das auf die Entwicklung von Kompetenzen zur Gestaltung der Zukunft ausgerichtet ist, ist eine solche Fixierung auf Leistung nicht zielführend.
- Standardisierte Bewertung vs. Vielfalt der Talente: Das traditionelle Feedback-Modell von Hattie basiert oft auf standardisierten Bewertungskriterien. Im zukunftsorientierten Lernen, das die Vielfalt der Talente und Interessen der Lernenden fördert, kann diese Standardisierung kontraproduktiv sein. Feedback sollte flexibler gestaltet werden, um individuelle Stärken und Potenziale besser zu erkennen und zu fördern.
- Statische Lernziele vs. lebenslanges Lernen: Hatties Konzept geht von statischen Lernzielen aus, die erreicht werden sollen. In einer Welt, in der lebenslanges Lernen und kontinuierliche Anpassung an Veränderungen entscheidend sind, sind flexible und sich entwickelnde individuelle und gesellschaftliche Lernziele und Feedbackmechanismen erforderlich.
- Institutionelle Strukturen vs. individuelle Bedürfnisse: Traditionelle Bildungseinrichtungen sind oft stark in institutionelle Strukturen eingebunden, die sich auf Hatties Konzept des Feedbacks stützen. Zukunftsorientiertes Lernen erfordert eine stärkere Anpassung an individuelle Bedürfnisse und ein breiteres Spektrum von Lernumgebungen, die nicht immer mit den traditionellen Feedback-Modellen vereinbar sind.
Insgesamt kann man sagen, dass Hatties Konzept zum Feedback zwar in vielen Bildungskontexten sinnvoll ist, aber nicht ausreichend flexibel und anpassungsfähig ist, um den Anforderungen des zukunftsorientierten Lernens gerecht zu werden. Es erfordert eine Neubewertung und Anpassung, um sicherzustellen, dass Feedback im Einklang mit den Zielen einer breiteren, vielfältigeren und individuell angepassten Bildung steht, die auf die Anforderungen der Zukunft vorbereitet.
Bildquellen
- Feedback: Dall-e