Das literarische Sternchenthema fürs Abitur in Baden-Württemberg im Fach Englisch ist seit einigen Jahren die Anthologie „One Language Many Voices“. Sie beinhaltet 11 Kurzgeschichten von verschiedenen Autoren, die sich mit den Auswirkungen des Empires auf die Kolonialherren in den Kolonien, auf die dort lebenden Völker und auf die heutigen Einwanderer in Großbritannien beschäftigen.
Obwohl es für mich eine reine Freude ist, ein solch spannendes Thema unterrichten zu können und ich finde, dass die Kurzgeschichten sich wirklich gut eignen, um den SchülerInnen ein differenziertes Bild zu vermitteln, so habe ich in meinem letzten vierstündigen Kurs festgestellt, dass die SchülerInnen teilweise große Probleme hatten, die einzelnen Geschichten auseinander zu halten, die Personen den richtigen Geschichten zuzuordnen und die Zusammenhänge zu behalten.
Da all dies Voraussetzung für ein erfolgreiches Abitur ist – wirkt es doch für den Korrektor leicht befremdlich, wenn eine Figur aus einer Geschichte plötzlich in einer anderen auftaucht oder wenn die Zusammenhänge der einzelnen Geschichten sich vermischen – habe ich mir nach Übernahme einer Kursstufe 2, die schon bereits kurz vor dem Abitur stand und erhebliche Schwierigkeiten mit den Erzählungen zu haben schien, überlegt, wie gegen diese Mängel vorgegangen werden könnte. Es schien so, als ob es den SchülerInnen zwar nicht allzu schwer fiel, sich auf der Erzählebene mit den Interpretationen und den Themen der einzelnen Geschichten auseinander zu setzen, jedoch die Geschichtsebene nach wie vor ein Problem darzustellen schien.
Aus diesem Grund entschloss ich mich, diese beiden Ebenen zu trennen. In meiner Kursstufe 1 habe ich dies bereits zu Anfang getan, indem ich ihnen die Aufgabe erteilte während der Besprechung einer Geschichte im Unterricht – also über drei bis acht Stunden – die Gedanken von bestimmten Personen zu twittern, um es ihnen zu ermöglichen, sich in die Figuren hinein zu versetzen. Dies scheint soweit auch zu funktionieren und die Geschichtsebene scheint präsent zu sein. Die Kenntnisse der Erzählebene festigen wir zugleich mit der gemeinsamen Erstellung von Mindmaps mit Popplet. Auch dies scheint – zumindest bisher – erfolgreich zu sein. Dadurch behalten die SchülerInnen zum einen den Überblick über die einzelnen Geschichten, die angesprochenen Themen sowie deren Bezüge untereinander wie auch zum großen Rahmen verschiedener landeskundlicher Themen, ohne jedoch die Geschichtsebene aus den Augen zu verlieren und so Gefahr zu laufen, die einzelnen Geschichten zu verwechseln.
Aufgrund des akuten Zeitmangels in der Kursstufe 2, in der neben der Wiederholung der bereits behandelten Kurzgeschichten noch einige neue Themen angesprochen werden mussten und auch noch offenen Landeskundethemen im Raum standen, war es jedoch unmöglich, viel Zeit mit multimedialen Experimenten zu verbringen. Also wies ich die SchülerInnen zum einen auf das zum damaligen Zeitpunkt angefangene Twitterprojekt hin, von dem auch sie profitieren konnten, zum anderen gab ich ihnen die Aufgabe, allein oder zu zweit eine bestimmte Geschichte auf die Geschichtsebene zu reduzieren und ihren Inhalt und die auftretenden Konflikte kreativ in einem Podcast umzusetzen, den sich alle Kursteilnehmer dann vor dem schriftlichen Abitur als letzte Wiederholung anhören könnten. Eingeleitet werden die 11 Episoden durch eine Zusammenfassung der wichtigsten Stationen des Empires.
Diese Maßnahme – so hoffe ich – wird auch Früchte tragen und es wird hoffentlich im Abitur nicht mehr zu gravierenden Verwechslungen kommen. Da manche SchülerInnen sich gehörte Dinge oft am besten merken können, gehe ich auch davon aus, dass durch die von den SchülerInnen kreativ erarbeiteten Podcasts nicht nur die Zusammenhänge bestimmter Geschichten präsent sein werden sondern auch die sie überschattenden Themen nicht ganz in Vergessenheit geraten. Dies könnte besonders in der Analyse eines Primärtexts aber auch in der freien Schreibaufgabe von Nutzen sein.
Theoretisch war geplant, dass ich den SchülerInnen die Arbeitsanweisung Project Echoes from the Empire in 12 episodes ca. 6 Wochen vor dem endgültigen Abgabetermin geben würde und wir die Themen aufteilen. Eigentlich hätte mir innerhalb von 3 Wochen ein erster Entwurf zugeschickt werden sollen, den ich dann korrigiert und mit Anmerkungen zum Inhalt versehen zur Überarbeitung zurückschicken wollte. Schließlich hätten die SchülerInnen eine Woche Zeit haben sollen, mir die endgültige Version zur letzten Überprüfung vorzulegen, um dann innerhalb einer erneuten Woche das Projekt über meine Webseite aufzunehmen. Dabei baute ich eine entsprechende Audio-Dropbox von CLEAR in die Webseite ein.
Praktisch gesehen war zum einen die begrenzte zur Verfügung stehende Zeit und zum anderen die Tatsache, dass die SchülerInnen um die Faschingszeit andere Dinge im Kopf hatten als das Abitur und die Schule problematisch. Somit bekam ich die letzten ersten Entwürfe erst ca. 2 Wochen vor dem endgültigen Abgabetermin – welcher zwei Wochen vor dem schriftlichen Abitur lag – und die Hälfte der Podcasts waren bis dahin somit natürlich auch nicht aufgenommen. Einige wurden aufgenommen bevor ich Gelegenheit hatte, die Endfassung nochmals sprachlich zu verbessern, was sich natürlich auf die sprachliche Qualität auswirkte. Nach und nach wurden jedoch dann auch fast alle Episoden an mich übermittelt und nur eine Gruppe hatte Schwierigkeiten, ihre Aufgabe zu erledigen. Dies lag daran, dass die Audio-Dropbox an ihrem Computer offenbar nicht funktionierte und sie nicht wussten, wie sie mir die recht große über ein Programm aufgenommene MP3-Datei zuschicken sollten. Hätten sie mich jedoch sofort kontaktiert, dann hätte ich ihnen vorgeschlagen, mir die Datei über DropItToMe in meiner Dropbox zu deponieren.
Circa eine Woche vor dem schriftlichen Abitur entschloss ich mich, das Projekt vorerst ohne die fehlende Episode online zu stellen, auch wenn ich damit nicht sehr glücklich war. Trotz der Nachlässigkeit der einen Gruppe wollte ich dennoch den anderen die Möglichkeit geben, die Episoden ihrer Mitschüler zu nutzen. Also machte ich mich daran, die 11 Episoden durch ein von einem Schüler erstelltes Intro und ein passendes Outro in die gleiche Form zu bringen. Schließlich lud ich sie auf meinen Dropbox-Account in den öffentlichen Ordner hoch (da mir weder Viewpoint noch GoogleDocs öffentlich zugängliche MP3-Dateien mit der notwendigen *.mp3-Endung zur Verfügung stellte) um die so erhaltenen URLs zu benutzen, um einen Multi-MP3-Player für meine Webseite zu erstellen. Dieser sieht folgendermaßen aus:
Rückblickend auf dieses eher improvisierten Projekt zur Schadensbegrenzung in einem Kurs, den ich erst kurz zuvor übernommen hatte und innerhalb von weniger als 6 Monaten möglichst fit fürs Abitur machen sollte, würde ich einige Dinge in Zukunft anders handhaben. Um auf möglichst viele Arten von diesem Projekt zu profitieren, würde ich vor allem mehr Zeit einplanen, um
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die einzelnen Episoden möglichst ausführlich und zu 100% stimmig vorbereiten zu können (sowohl inhaltlich als auch im Hinblick auf die spätere Präsentation, also z.B. Aussprache, Intonation, etc.)
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auch die Bearbeitung der MP3-Dateien mit den SchülerInnen gemeinsam vorzunehmen um gemeinsam ein kohärentes Gesamtprojekt zu erschaffen, inklusive der Erstellung von Intro und Outro, was dieses Mal freiwillig von einem Schüler übernommen wurde
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auch die Transkriptionen der Hörtexte zu perfektionieren und zur Verfügung zu stellen
Somit würden hier bei optimalem Zeitmanagement und etwas weniger Improvisation bei der ausführlichen Beschäftigung mit dem Inhalt einer spezifischen Geschichte der jeweiligen Gruppe sowohl die kreative Schreibkompetenz als auch die Sprechkompetenz (inklusive Ausdrucks- und Präsentierfähigkeit) gefördert. Beim Anhören der Episoden der anderen SchülerInnen würde weiterhin die Hörkompetenz geschult, bei Hinzunahme der Transkriptionen zur Unterstützung des Hörverstehens sogar die Lesekompetenz. Schließlich würde auch die Medienkompetenz durch das Erstellen und Bearbeiten der Podcast-Episoden trainiert. Hierzu gehört auch das Kennenlernen von Möglichkeiten, kostenlose Internettools zu benutzen um MP3-Dateien zu hosten, zugänglich zu machen und auf einer Webseite oder einem Blog einzubetten. Eine Differenzierung innerhalb der Klasse ist hier besonders gut zu verwirklichen, da einige SchülerInnen in Gruppen arbeiten, während andere ihre Aufgabe allein übernehmen können.
Ob ich in meiner jetzigen Kursstufe 1 wirklich die Zeit haben werde, das gleiche Projekt noch einmal in Angriff zu nehmen, ist zur Zeit schwer zu sagen. Sollte dies nicht möglich sein, so können die SchülerInnen jedoch auf die diesjährige Podcast-Serie zurückgreifen und so auch jahrgangsübergreifend profitieren. Die Dateien werden auf jeden Fall in dem erstellten Popplet ebenso verlinkt wie die Sammlung der Tweets im PDF-Format durch Tweetdoc. So laufen dann alle möglichen Projekte auf Popplet zusammen.
Allerdings war diese erste Erfahrung mit Podcasts für mich sehr aufschlussreich und hat mich für möglicherweise auftretende Probleme sensibilisiert. Wenn nicht in der Kursstufe, so werde ich sicherlich in einer anderen Stufe in nicht allzu ferner Zukunft ein ähnliches Projekt einplanen, hier aber mit genügend Zeit, um wirklich alle Elemente mit den SchülerInnen gemeinsam zu erarbeiten.
Mein Fazit ist trotz der Improvisation und der kleinen Schwierigkeiten sehr positiv und ich mit richtig stolz auf meine SchülerInnen, dass sie sich wieder einmal auf ein unkonventionelles Projekt eingelassen haben und in der kurzen Zeit tolle Podcasts erstellt haben. Besonders gefreut hat es mich, dass vor allem die schwachen und weniger interessierten SchülerInnen durch diese Nutzung des geliebten Computers einen erstaunlichen Eifer und eine ungewöhnliche Verlässlichkeit entwickelten.
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