Futures Thinking bedeutet, dass man sich gedanklich mit der Zukunft beschäftigt. Es geht nicht darum, die Zukunft vorherzusagen, sondern darum, die eigene Zukunft in die Hand zu nehmen. Denn der beste Weg, um die Zukunft zu antizipieren ist, sie zu erfinden. Doch Vorsicht: auch wenn wir unseres Glückes Schmied sind, so dürfen wir nicht vergessen, dass wir unsere Zukunft mit allen anderen Menschen auf der Welt Tag für Tag verhandeln müssen, denn die Zukunft gehört uns allen.
Es gibt viele Beispiele, wie Futures Thinking eingesetzt wird:
- Technologiefirmen versuchen damit, sich mit den Langzeitfolgen neuer Produkte zu befassen: Wo liegt ihr Nutzen? Wie könnten sie schaden?
- Stadtverwaltungen versuchen so neue Wege zu gehen, um dem Klimawandel zu trotzen
- Investoren entscheiden darauf basierend, in welche Firmen sie investieren
- Unternehmerische Entscheidungen werden dadurch begründet: welche Produkte und Dienstleistungen sollen entwickelt werden?
- Künstler inspirieren uns
- Wissenschaftler versuchen, weitere Pandemien zu verhindern
- Familien entscheiden, welchen Ort sie zu ihrer Heimat machen sollen
- wir alle denken über unsere Zukunft nach und überlegen, wie wir die Zukunft mitgestalten können
Wenn wir von der „Zukunft“ sprechen, dann sollten wir weder die unmittelbare Zukunft vor Augen haben, noch zu weit in die Zukunft denken. Es muss um einen Horizont gehen, der aufgrund der Realität unsere Phantasie nicht eingrenzt und machbar ist, aber auch nicht so weit entfernt ist, dass wir uns nicht wirklich dafür einsetzen möchten. In der Regel gilt, dass ein Zeithorizont von circa 10 Jahren sinnvoll ist. Es geht nicht um „the next big thing“, sondern um einen gesamtgesellschaftlichen Innovationsprozess. Diesen haben uns z.B. Plattformen wie eBay und Amazon vorgelebt: als der Online-Handel aufkam, waren viele skeptisch, doch heute sind diese Plattformen aus unserem Leben nicht mehr wegzudenken – und sie haben unser Leben nachhaltig verändert.
Unsere Rolle ist es, Vergangenheit und Gegenwart in Bezug zur Zukunft zu setzen und Resilienz zu entwickeln. Durch zahlreiche Gedankenspiele in Bezug auf die Zukunft und Gespräche mit unseren Mit-Futuristen üben wir, die Zukunft als das wahrzunehmen, was sie ist: ungewiss und voller Möglichkeiten, von denen die einen vielleicht plausibler oder wahrscheinlicher sind, als die anderen, die jedoch alle nicht ausgeschlossen werden können. Dadurch bleiben wir mental flexibel und erstarren nicht, weil wir von einer Zukunft, die uns nicht bewusst war, überrascht werden. Vielmehr antizipieren wir, was es uns ermöglicht, die Zukünfte zu unterstützen, die für uns wünschenswert sind, und denen entgegenzuwirken, die uns als nicht erstrebenswert erscheinen.
Vergleichbar ist diese Situation mit einer Auswanderung in ein unbekanntes Land. Wir müssen für alle Eventualitäten offen sein, sodass wir nicht aus der Bahn geworfen werden, wir haben aber auch einen gewissen Einfluss darauf, was passieren wird. Um uns dabei zu unterstützen, können wir diese fünf Punkte beachten:
- Versuche nie, die Zukunft genau vorherzusagen, denn es geht um eine äußerst komplexe Transformation der Gesellschaft
- Sei empfänglich für Signale, um Weitblick zu entwickeln: uns begegnen tagtäglich ungewöhnliche Dinge und Nachrichten, auf die wir aus einem guten Grund aufmerksam werden
- Schau in die Vergangenheit, um nach vorn zu blicken: nur so können wir Muster wiedererkennen
- Erkenne Muster: es hat sich erwiesen, dass institutionalisierte Prozesse mit der Zeit an Bedeutung abnehmen und neue Praktiken, die aus der Gesellschaft kommen, an Beliebtheit gewinnen und nachhaltig bleiben. Ein Beispiel für dieses „Zwei-Kurven-Modell“ ist Wikipedia.
- Schaffe eine Gemeinschaft: denn nur dank der kollektiven Intelligenz können verschiedene Blickwinkel in Einklang gebracht werden
Eine genauere Darstellung dieser fünf Punkte gibt es hier.
Besonders wichtig ist in diesem Kontext der Kreislauf von Weitblick – Erkenntnis – Handlung.
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Nur der Weitblick hilft uns nämlich nicht: er muss sich in eine persönliche Erkenntnis, also eine Signifikanz für unsere Person, verwandeln und uns dazu animieren, kurzfristig zu handeln, um uns auf diese potenzielle Zukunft vorzubereiten oder – noch besser – sie mitzugestalten. Auch wenn sie sich dann anders entwickelt, wie wir uns dies gewünscht hätten, so ist es doch besser, von einer Simulation überrascht zu werden, als von einer Realität, die wir nicht im Blick hatten, überrumpelt zu werden.
Doch was genau bringt uns nun Futures Thinking?
Firmen können daraus im Idealfall Profit schlagen. Doch viel bedeutender ist der Nutzen für das Individuum: denn Futures Thinking erlaubt es uns, die Zukunft nicht als etwas wahrzunehmen, was geschieht, sondern als etwas, was wir aktiv mitgestalten können. Dies erfüllt uns mit dem Gefühl einer Aufgabe und der Kontrolle über die Zukunft. Wenn wir Futures Thinking also in unseren Alltag integrieren, entwickeln wir
- Kreativität, d.h. wir überwinden traditionelle Vorstellungen
- Weitblick, d.h. wir sehen die Zukunft kommen
- geistige Flexibilität, d.h. wir erkennen an, dass nichts vorausbestimmt ist
- Empathie, d.h. wir sehen auch andere Standpunkte
- praktische Skepsis, d.h. wir bleiben realistisch
- Strategie, d.h. wir agieren überlegt
- Hoffnung, d.h. wir empfinden Selbstwirksamkeit
Dieser Artikel basiert auf dem Kurs „Ready, Set, Future! Introduction to Futures Thinking“ mit Jane McGonigal auf Coursera.