Deutsch-Französisches Projekt: Kollaboratives Schreiben von Geschichten mit Twitter

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Nachdem ich bei CyberLangues 2011 zum ersten Mal mit dem Thema „Twitter im Fremdsprachenunterricht“ konfrontiert wurde, wuchs in mir der Wunsch, gemeinsam mit einem Kollegen aus Frankreich eins der dort vorgeschlagenen Projekte, das gemeinsame Schreiben von Twitter-Geschichten, umzusetzen.

Einige Zeit nach der Fortbildung schlug ich Christophe Jaeglin aus dem Elsass, den ich ebenfalls bei CyberLangues 2011 kennengelernt und der dort einen Vortrag zu Austauschblogs gehalten hatte, vor, ein gemeinsames Projekt zu starten. Aufgrund der allgemeinen Arbeitsbelastung durch Austausche und den Lehreralltag dauerte es ein paar Monate, bis wir tatsächlich einen Schlachtplan entworfen hatten und dazu ansetzten, unser Experiment zu starten.

Wir hatten uns auf folgende Grundregeln geeinigt:

  • einer von uns Lehrern würde einen ersten Satz der Geschichte mit einem vorher definierten #Tag in der Fremdsprache twittern, die seine SchülerInnen lernen
  • unsere SchülerInnen sollten abwechselnd die Geschichte fortsetzten, d.h. einem Satz von den deutschen Schülern auf Französisch sollte ein Satz von den französischen Schülern auf Deutsch folgen
  • eine Geschichte sollte sich über ca. 4 Wochen hinziehen und jeder Schüler sollte sich  mindestens 2 Mal beteiligen
  • die Ergebnisse sollten in einem Tweetdoc gesammelt und dann aufbereitet werden
  • die SchülerInnen sollten sich in einem von uns erstellten GoogleDoc kurz vorstellen (u.a. mit Twittername, Lieblingsfarbe, …)

Wieder zogen einige Wochen ins Land da wir anderweitig beschäftigt waren und keinen gemeinsamen Termin fanden, zu dem wir uns zumindest einmal gleichzeitig mit unseren Klassen im Computerraum einfinden konnten. Wir beschlossen dann im Mai einfach einen asynchronen Erstversuch zu starten und eine Geschichte zu beginnen. Mittlerweile hatte ich eine andere Klasse als „Versuchskaninchen“ auserkoren, da die 9. Klasse, die ich ursprünglich dafür vorgesehen hatte, sich als zu unmotiviert im Hinblick auf jegliche Teilnahme an Projekten erwies.

Die Teilnahme, besonders von deutscher Seite, war recht verhalten (u.a. weil die SchülerInnen in der ersten Woche aufgrund meiner austauschbedingten Abwesenheit auf sich allein gestellt waren), weshalb wir es im ersten Anlauf nicht geschafft haben, die beabsichtigte Sprachalternanz aufrecht zu erhalten. Da uns im Anschluss daran auch noch Ferien in die Quere kamen, verlängerte ich für meine SchülerInnen den Zeitraum, innerhalb dem sie etwas beitragen sollten, auf 6 Wochen, was natürlich zur Folge hatte, dass die französischen SchülerInnen nicht mehr bemerkten, dass von deutscher Seite noch (wenn auch nach wie vor schleppend) weitergeschrieben wurde. Da meine SchülerInnen wussten, dass sie Noten für die Tweets bekommen würden, schrieben sie daher zwangsläufig allein weiter. Sie hatten dabei den Vorteil, dass ich die Tweets auch in unsere Facebook-Gruppe verlinkt hatte, wodurch sie automatisch mitbekamen, wann weitergeschrieben worden war – und zugleich an ihre Aufgabe erinnert wurden. Die Facebook-Gruppe erwies sich zudem als wertvoll, als ich bemerkte, dass das TweetDoc die Beiträge recht unzuverlässig sammelte und aufgrund der Tatsache, dass man bei Twitter nur Ergebnisse aus den letzten 7-10 Tagen findet, nicht mehr alle Tweets auffindbar waren. Daher sammelte ich die Tweets nach und nach manuell in einem GoogleDoc, welches ich hin und wieder über meinen Twitteraccount und auf Facebook postete.

Abgesehen von diesen ersten Anlaufschwierigkeiten fand ich aber das Ergebnis durchaus gelungen, zumal es aufgrund einiger Umstände zumindest von meiner Seite aus recht chaotisch zuging. Das Chaos muss ich bis um nächsten Versuch auf jeden Fall in den Griff bekommen, aber ich bin zuversichtlich 🙂

Leider haben sich nur wenige SchülerInnen daran erinnert, dass sie sich in dem dafür vorgesehenen GoogleDoc vorstellen sollten. Wir hatten ursprünglich gehofft, dass sich aufgrund der einen oder anderen Angabe (ich hatte vorgeschlagen eine Rubrik „etwas Verrücktes über mich“ einzufügen) ein Kontakt zwischen den SchülerInnen von beiden Seiten des Rheins ergeben könnte. Diese Hoffnung blieb leider diesmal unerfüllt, jedoch denke ich, dass wir es mit Hilfe einiger pädagogischer Tricks das nächste Mal sicherlich schaffen können, dass sich Kontakte ergeben.

Was „ein nächstes Mal“ angeht, so haben Chris und ich beschlossen, damit bis nach den großen Ferien zu warten, da wir bis zu den französischen Sommerferien keinen gemeinsamen Termin mehr gefunden haben – und wir waren inzwischen überein gekommen, dass es sich wirklich lohnen würde, uns zeitgleich im Computerraum zu verabreden, um das kollaborative Schreiben produktiver und dynamischer zu machen. Bis zum nächsten Versuch bleibt damit auch noch etwas Zeit in Ruhe über weitere Schritte und mögliche Modifikationen nachzudenken – und im August bei CyberLangues 2012 wird sich sicher auch ein Moment finden, um uns persönlich über den nächsten Versuch zu unterhalten.

Wo das Projekt hinführen wird (dass es Zukunft haben kann bezweifle ich nicht!) ist momentan noch nicht abschätzbar. Vorstellbar wäre, zumindest fürs Erste und sofern die jeweiligen Stundenpläne dies erlauben, einen festen Termin einmal im Monat abzusprechen, zu dem sich beide Klassen auf der Twitterplattform treffen und gemeinsam Geschichten schreiben. So könnte auch hier und da die Möglichkeit geboten werden, Kontakt miteinander aufzunehmen, z.B. in Pausen die zwangsläufig auftreten, da nur ein Schüler jeder Gruppe jeweils schreiben kann und somit ein Schüler pro 30 Minuten wahrscheinlich nicht mehr als 2 Mal drankommen wird. Ebenfalls denkbar wäre auch andere Klassen in beiden Ländern zu involvieren und so das kollaborative Schreiben noch dynamischer und interaktiver zu gestalten. Dies ist jedoch definitiv noch Zukunftsmusik. Möglicherweise erhalte ich auch bei der demnächst anstehenden Fortbildung ForMoove zum Thema „Mobilität in Europa“ weitere interessante Impulse.

Ein großes Fragezeichen ist für mich momentan noch wie mit sprachlichen Fehlern umgegangen werden sollte und ob es überhaupt nötig ist, sich bei diesem Projekt an sprachlichen Mängeln aufzuhalten. Ich habe in den letzten paar Tagen aufgrund von Nachfragen meiner SchülerInnen den Eindruck gewonnen, dass sie „Blut geleckt“ haben und sie der kreative Umgang mit der französischen Sprache (wobei sie [leider]nicht nur inhaltlich sondern auch durchaus sprachlich sehr „kreativ“ waren;)) tatsächlich ihre ambivalente Haltung gegenüber dem Französischen hier und da vergessen ließ. Von diesem Standpunkt aus könnte es sich als lohnend erweisen, das Prinzip „Kommunikation vor grammatischer Korrektheit“ walten zu lassen.

Schließlich halte ich es noch für nötig, eine funktionierende Lösung zu finden, um die Tweets automatisch zentral zu sammeln. Bis vor kurzem bot der Google Reader  noch die Möglichkeit, RSS-Listen zu sharen, was eine ideale Lösung gewesen wäre, doch leider fiel diese Funktionalität dem Bestreben von Google, seine Nutzer an die Nutzung der eigenen Oberfläche zu binden, zum Opfer. Sobald dann eine praktikable Lösung gefunden sein wird, können wir auch Überlegungen anstellen, in welcher Form wir unsere Geschichten veröffentlichen wollen. Denkbar wäre u.a. ein Flipbook, welches die SchülerInnen illustrieren und welches mitunter auch im Unterricht benutzt werden könnte, um sprachliche Feinheiten zu erarbeiten oder den Wortschatz zu erweitern – genauso wie es denkbar wäre, anders herum vorzugehen und sprachlich und methodisch im Unterricht die anschließend zu schreibende Geschichte vorzuentlasten.

Im Moment kann ich jedoch schon eins sicher sagen: Die bei CyberLangues geknüpften Kontakte erweisen sich für mich als außerordentlich wertvoll, sowohl beruflich als auch anderweitig. Unser gemeinsames Projekt ist zwar nur ein kleiner Schritt in die richtige Richtung, jedoch belegt es, dass man dank der neuen Medien über die Ländergrenzen hinweg dazu beitragen kann, dass die Vision eines kommunikationsorientierten schulischen Fremdsprachenunterrichts, der sich mit weitaus mehr als nur mit Sprache beschäftigen sollte um wirklich das Prädikat „wertvoll“ zu verdienen, gar nicht so utopisch ist, sofern man gleichgesinnte Kollegen hat, die bereit sind, sie auf Experimente einzulassen, die zwar vielleicht die eine oder andere Unterrichtsstunde „kosten“, die sich jedoch auf lange Sicht als weitaus wertvoller erweisen können als der trockene Fremdsprachenunterricht mit einem Lehrbuch. Ich für meinen Teil bin mehr als nur dankbar dafür und glücklich darüber, dass ich vereinzelt solche fähige, engagierte und nette Kollegen wie Chris Jaeglin und Jürgen Wagner kennen lerne, die mir die Kraft geben jeglichen Hürden zum Trotz den von mir eingeschlagenen Weg weiter zu gehen.

 

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